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18. Stiftungsrechtstag

Stiftungsrechtstag

Nachbetrachtung
18. Stiftungsrechtstag "Das neue Stiftungsrecht"
16. Februar 2024, von 9.00 - 17.00 Uhr (als Hybrid-Veranstaltung)

Tagungsmaterialien

  • Die Tagungsmaterialien zum 18. Stiftungsrechtstag finden Sie unter diesem Link (Copyright liegt bei dem jeweiligen Referenten)
  • Die Programmübersicht finden Sie in diesem Flyer
Weitere Beiträge über unseren Stiftungsrechtstag

  • Medial begleitet wurde die Veranstaltung von Tobias Karow von stiftungsmarktplatz.eu, der mit einem Video und einem Nachbericht seine Eindrücke festgehalten hat.
Zu den einzelnen Vorträgen

Den Auftakt zur Veranstaltung machte Dr. Marita Haibach, u.a. Fundraising-Beraterin und Initiatorin und Mitinhaberin des Major Giving Institute. In ihren Vortrag „Frauen als Stifterinnen: Was Philanthropie beflügelt – was Engagement verhindert“ ließ sie Erfahrungen aus ihrer langen beruflichen Praxis einfließen; seit über drei Jahrzehnten engagiert sie sich für Philanthropie und Fundraising und hat als Initiatorin des pecunia Erbinnennetzwerks (1999) und der Stiftung Filia (2001) bereits früh ihren Blick auf Frauen in der Philanthropie gerichtet. Haibach begann mit einer Darstellung geschlechtsspezifischer Unterschiede beim Stiften, wobei sie die in Deutschland fehlende Forschung und die deswegen fehlenden aktuellen Zahlen ansprach, Mängel, die sie mehrmals betonte. Dennoch könne festgehalten werden, dass Männer häufiger stiften als Frauen. Obwohl der Anteil der Frauen, die allein stiften, seit 1951 über drei Dekaden stieg, sank ihr Anteil seit der Jahrtausendwende auf knapp 20 %. Ein Grund hierfür möge dem Gender Wealth Gap geschuldet sein, dem Umstand, dass Frauen noch immer weniger vermögend als Männer sind. Zudem besäßen Männer mehr Betriebsvermögen und nähmen das Ende ihrer Berufstätigkeit mehr als doppelt so häufig wie Frauen als Anlass zur Stiftungsgründung. Das Vermögen von Stifterinnen stamme hingegen oft aus Erbschaften. Haibach berichtete sodann von ihren Beobachtungen. Hilfreich sei zunächst, wenn sich vermögende Frauen vernetzen und gegenseitig inspirieren könnten. Daran würde es in Deutschland – im Gegensatz zu den USA – oft fehlen. Als positives Beispiel nannte Haibach das pecunia Erbinnennetzwerk. Zum Schluss stellte Haibach noch einige Persönlichkeiten vor.

Im Anschluss an den Eröffnungsvortrag präsentierte Prof. Dr. Karlheinz Muscheler von der Ruhr-Universität Bochum und Mitglied des Veranstalters Fundare e.V.seine Gedanken zu den neuen bundeseinheitlichen Regelungen zur „Auflösung und Aufhebung der Stiftung“. Zunächst erläuterte Muscheler die Beweggründe des Reformgesetzgebers, die ihn zu einem Mittelweg zwischen dem bisherigen § 87 BGB a.F. und den landesrechtlichen Vorschriften über die Auflösung der Stiftung durch die Organe bewegt habe. Sodann widmete er sich der Terminologie der neuen Regelung. Im Unterschied zum alten Recht verzichtete der Gesetzgeber auf den Oberbegriff „Erlöschen“ für Auflösung und Aufhebung, da dieser andeutete, dass die juristische Person Stiftung ihr Ende gefunden habe. Dieses finde sie aber erst nach der Liquidation mit Beendigung. Nach einem Vergleich mit dem Körperschaftsrecht thematisierte Muscheler die Problematik, ob weitere Auflösungsgründe in die Satzung aufgenommen werden dürfen. Daraufhin beschäftigte sich Muscheler mit § 87 Abs. 1 S. 1 BGB und arbeitete heraus, dass die vom Gesetzgeber angestrebte Parallelisierung zu § 82 S. 1 BGB nicht gelungen sei, da die wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht ausreiche. Weiterhin wies Muscheler auf zahllose Fragen hin, die § 87 Abs. 1 S. 2 BGB mit dem Vorrang der Satzungsänderung aufwirft und erwähnte, dass Stifter und Stiftungsvorstand vor einer Aufhebung gehört werden müssen. Sodann beleuchtete er den Aufhebungsgrund der Insolvenz und erörterte u.a. das Verhältnis des Insolvenzverwalters zur Stiftungsaufsicht. Es folgte Kritik an der Regelung zum Auflösungsgrund bei Gemeinwohlgefährdung nach § 87a Abs. 2 Nr. 2 BGB. Nach Ausführungen zum Auflösungsgrund bei Sitzverlegung schloss Muscheler seinen Vortrag mit einer Darstellung der Rechtsschutzmöglichkeiten.

Im Anschluss widmete sich Dr. Matthias Uhl, Rechtsanwalt bei Peters, Schönberger und Partner in München, der „Zweckberücksichtigung bei der Vermögensanlage und bei dem Empfang von Spenden“. Er veranschaulichte die Problematik mit zwei Beispielen zweckbezogener Investitionsansätze. Sodann erläuterte er die Grundsätze der Vermögensverwaltung im Stiftungsrecht, wobei er den typischen Zielkonflikt zwischen sicherer und wirtschaftlicher Vermögensanlage ansprach. Bereits § 80 Abs. 1 BGB ordnet die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks an. Daraus ergebe sich eine Ertragspflicht, also das Stiftungsvermögen so zu verwalten und einzusetzen, dass der für die Umsetzung der Stiftungszwecke erforderliche finanzielle Bedarf erwirtschaftet werden kann. Zugleich ist die Erhaltungspflicht für das Grundstockvermögen nach § 83c Abs. 1 Satz 1 BGB zu beachten. Letztlich komme es auf die pflichtgemäße Ermessensentscheidung des Stiftungsvorstands nach Maßgabe des Stifterwillens aus einer ex ante Betrachtung an. Hier ist auch die in § 84a Abs. 2 BGB kodifizierte Business Judgment Rule zu beachten. Bezugspunkt der Beurteilung sei dabei das Gesamtportfolio. Sodann stellte Uhl ein Urteil des BFH zum Spendenabzug bei Zuwendung mit konkreter Zweckbindung und unzutreffender Angabe in der Zuwendungsbestätigung vor[1] und behandelte zudem private Hilfe in Katastrophen-Fällen.

Nach der Mittagspause besprach Lukas Schultewolter, LL.M. von der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen „Aktuelle Probleme aus Sicht der Stiftungsaufsicht“. Zunächst beschrieb er die Grundsätze der Aufsicht über Stiftungen durch die Finanzbehörden, insbesondere, dass zum einen die satzungsmäßigen Voraussetzungen im Anerkennungsverfahren und zum anderen die Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung im Veranlagungsverfahren überprüft werden. Schultewolter präsentierte sodann vier Fälle, die im vergangenen Jahr die Stiftungsaufsicht beschäftigten. Im ersten Fall enthielt die Satzung die Nennung der Stiftungszwecke und eine Auflistung, wodurch diese insbesondere verwirklicht werden sollten. Die genannten Beispiele konnten aber nur einem der genannten Stiftungszwecke zugeordnet werden, sodass bei den anderen die Zweckverwirklichung unklar blieb. Um den Stifterwillen mit den §§ 51 ff. AO in Einklang zu bringen, wurde das Gespräch mit dem Stifter gesucht. Sodann stellte Schultewolter einen Fall zur Kooperationsklausel nach § 57 Abs. 3 AO vor. Wert lege die Stiftungsaufsicht darauf, dass die Art und Weise der Kooperation und Kooperationspartner bezeichnet sind. Es folgte ein Fall zu Verlusten im Bereich der Vermögensverwaltung und der zentralen Frage, ob die Anlageentscheidung aus ex ante Sicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters getroffen wurde und damit noch vertretbar war. Im letzten Fall beschrieb Schultewolter die Konstellation der Überlassung eines Kunstwerkes durch eine Stiftung, die u.a. mit Kunst und Kultur gemeinnützige Zwecke verfolgt, an ihre Stifterin.

Danach hielt Dr. Eva-Maria Kraus, Rechtsanwältin bei Flick Gocke Schaumburg, den Vortrag „Wirksame Foundation Governance und Schutz der Stiftung“. Sie arbeitete die besondere Schutzbedürftigkeit der Stiftung heraus. Hier nannte sie die nicht vorhandenen Mitglieder oder Gesellschafter, das Fehlen eines gesetzlich nicht vorgeschriebenen Kontrollorgans in rund ein Viertel der Stiftungen und die eingeschränkten rechtlichen Möglichkeiten bei Versagen der internen und externen Kontrolle. Insbesondere bei Versagen der Stiftungsaufsicht fehle es teilweise an Rechtsschutzmöglichkeiten, wobei Kraus hier das nicht vorhandene Notklagerecht für einzelne Organmitglieder oder Dritte mit berechtigten Interessen, das Fehlen einer Stiftungsaufsichtsbeschwerde und der actio pro fundatione ansprach. Kraus erachtete den gesetzlichen Schutz der Stiftung als unzureichend, was die Notwendigkeit einer wirksamen Foundation Governance begründe. Wichtig sei zunächst ein kontrollierendes Organ. Stiftungen sollten hier auf klare Kompetenzabgrenzung, eindeutiges Pflichtenprogramm und Informationsfluss achten. Nicht zu vernachlässigen seien zudem Regelungen zur sinnvollen Besetzung der Organe und der Nachfolge von Organmitgliedern.

Abschließend gab Prof. Dr. Sebastian Unger von der Ruhr-Universität Bochum und Mitglied des Veranstalters Fundare e.V. einen Überblick über „Aktuelle Entwicklungen im Gemeinnützigkeitsrecht“. Er begann mit einem Überblick über die Entwicklungen in Gesetzgebung und Verwaltung und stellte fest, dass es zu keinen großen Neuerungen kam. Lediglich das Inkrafttreten von § 60b AO über das Zuwendungsempfängerregister am 1.1.2024 konnte verkündet werden, wobei die Einführung bereits durch das Jahressteuergesetz 2020 erfolgte. Dieses Register stellte Unger ausführlich vor, u.a. die Funktion der Statustransparenz zur Information der Öffentlichkeit. Positiv sei, dass es perspektivisch die Grundlage für die Digitalisierung des Zuwendungsrechts bilden solle – ob dies aber schnell und zuverlässig erfolgen wird, sei fraglich. Unger sprach die geplante Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrecht an, verwies aber auf die fehlende Geschlossenheit des Gesetzgebers. Nach einem Exkurs zur Finanzierung parteinaher Stiftungen präsentierte Unger einige neue BMF-Schreiben. Sodann beschäftigte sich Unger mit der Extremismusklausel des § 51 Abs. 3 S. 2 AO, welche Gegenstand verschiedener Urteile war.[2] Im Anschluss daran stellte Ungerein Urteil vor, welches das Tatbestandsmerkmal „satzungsmäßigen“ des § 57 Abs. 3 S. 1 AO behandelte, insbesondere das doppelte Satzungserfordernis.[3]

 

[1] BFH, Urteil vom 16.03.2021 – X R 37/19.

[2] U.a. FG München, Urteil vom 27.9.2021, 7 K 3347/18 (Rev. BFH: V R 36/21).

[3] FG Hamburg, Urteil vom 16.9.2023, 5 K 11/23 (Rev. BFH: V R 22/23).

Veranstalter

Fundare e.V., Gemeinnütziger Verein zur Förderung des Stiftungswesens vertreten durch den Vorstand Vors. Richter am VG a.D. RA Prof. Dr. Bernd Andrick, RA Dr. Matthias Gantenbrink, RA & Notar Axel Janitzki, Prof. Dr. Karlheinz Muscheler, RA & Notar Dr. Markus Schewe, RA Dr. Sebastian Trappe, Prof. Dr. Katharina Uffmann, Prof. Dr. Sebastian Unger

in Kooperation mit den Lehrstuhl von Prof. Dr. Katharina Uffmann